Legal, radikal, fundamental - Muslime im Visier des Hamburger Verfassungsschutzes
Im alljährlichen Verfassungsschutzbericht haben muslimische Extremisten ihren festen Platz. Alljährlich warnt auch das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz vor den islamistischen Tendenzen in der Stadt, in der schon die Attentäter des 11. September gebetet haben. - Neben den rund 160 gewaltbereiten Dschihadisten wird im diesjährigen Bericht auch die muslimische Glaubensgemeinschaft Mili Görüs (IGMG) auftauchen. Die Beamten lesen aufmerksam die Broschüren der Milli Görüs, ihre V-Leute besuchen die Predigten in der Hamburger Centrum-Moschee. Mustafa Yoldas - Allgemeinmediziner, Facharzt für Beschneidungen und IGMG-Funktionär - erscheint seit Jahren gleich mit Foto im Bericht: schließlich soll er den Verkauf eines Hetzvideos gegen Israel in der Moschee verteidigt haben. - In seinen Augen ist an den Vorwürfen der Verfassungsschützer nichts dran. Und über die von ihm vermutete Beobachtung seiner Person regt er sich nicht auf - er amüsiert sich darüber. Anders empfinden es viele seiner Gemeindemitglieder: sie sehen sich zu Unrecht verdächtigt, in die islamistische, terroristische Ecke gestellt. Und einige bekommen Probleme bei der Einbürgerung: Sayed Achmed wurde die Mitgliedschaft in der ägyptischen Muslimbruderschaft vorgeworfen: V-Leute hatten dem Amt darüber berichtet, die Einbürgerungsbehörde lehnte seinen Antrag ab. Nun hat er den Prozess vor dem Verwaltungsgericht hinter sich und der Richter glaubte nicht dem Verfassungsschutz, sondern ihm. In ein paar Wochen bekommt er seinen deutschen Pass. - Wie schätzt der Verfassungsschutz die Lage in der Stadt ein, dramatisiert er in einigen Fällen die Gefahren islamistischer Strukturen in Hamburg oder verharmlost die Gemeinde Milli Görüs die Schwierigkeiten mit fundamentalistischen Glaubensbrüdern?
Eine Spurensuche in der islamischen Gemeinde Hamburgs, ein Arbeitsbesuch beim Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz: bei V-Mann-Führern, Internetauswertern und beim zweiten Chef der Behörde, Dr. Manfred Murck.
Länge: 23 min.
Erstsendedatum: 30. März 2008, DeutschlandRadio Kultur
Redaktion: Peter Marx